Wie lang soll meine Einleitung sein?

Vignette des [schreibzentrum.berlin] zu Montags-#Schreibtipps rund ums wissenschaftliche SchreibenFrage: Die Rohfassung meiner Doktorarbeit ist schon so lang! Ich frage mich, wie lang da meine Einleitung sein soll? Gibt es da Vorgaben? 

Antwort: Schön, dass Sie nun Ihre Rohfassung steht! In der nächsten Phase der schrittweisen Überarbeitung sind Sie als Autor_in jetzt anders gefordert. Sie werden Ihren Text noch einmal gezielt darauf durchgehen, ob er der Fachcommunity eine logische Orientierung durch Ihr Thema und Ihren Text gibt.

Eine Schlüsselfunktion bei dieser Orientierung kommt der Einleitung zu. Um die Länge der Einleitung zu bestimmen, ist es wichtig, ihre Funktion im Gesamttext zu verstehen.

Die Einleitung gehört zu den Paratexten.

Die Einleitung gehört bei Fachtexten zu denjenigen Textteilen, die wichtige Zusatzinformationen zum Haupttext liefern („Paratexte“). Das Gegenstück ist übrigens die Zusammenfassung (auch „Schluss“ oder „Fazit“ genannt). Einleitung und Zusammenfassung rahmen den Haupttext. In beiden Rahmentexten zeigen Sie sich als Autor_in und sprechen explizit über Ihre fachliche Position, Ihre Thesen, Ihr Wissen, Ihre Vorgehensweise und Ihre Ergebnisse. Hier versorgen Sie Ihre Lesenden sozusagen mit Leseanweisungen.

Die Textlänge dieser Rahmentexte sollte ihrer Funktion angemessen sein. Es gibt eine Faustformel, an der Sie sich fachunabhängig orientieren können; sie ist auch bei Papern oder Aufsätzen nützlich:

Eine Einleitung sollte etwa zehn Prozent des Haupttextes ausmachen.

Ist der Hauptteil Ihres Textes zum Beispiel 250 Seiten stark, darf die Einleitung dazu auch 25 Seiten lang sein. Fünf Seiten wären angesichts des Haupttextes, in dem Sie offenbar viel zu sagen haben, vermutlich unangemessen; bei 40 Seiten wiederum würde man sich fragen, warum Sie bestimmte Abschnitte nicht gekürzt oder in den Hauptteil ausgelagert haben. Gleiches gilt auch für eine Zusammenfassung. Das Verhältnis zwischen dem Rahmen und dem Hauptteil sollte ausgewogen und immer erkennbar sein.

Es klingt paradox, aber die rahmenden Textteile sind dann richtig gut, wenn Lesende damit den Haupttext erfassen können, ohne ihn gelesen zu haben. Deswegen kann man diese Textteile übrigens auch unabhängig vom Haupttext schreiben. Probieren Sie sich früh daran. Das sind gute Schreibübungen, um den eigenen fachlichen Standpunkt zu klären und zu festigen.

Herzliche Grüße aus dem [schreibzentrum.berlin]

Ihre Dr. Daniela Liebscher

Lesen Sie hier, wann Sie am besten anfangen, Ihre „Einleitung“ zu schreiben.

E. Liebscher