Frage: Mir ist aufgefallen, dass in manchen Dissertationen jedem Hauptkapitel ein einleitender Text vorangestellt ist, in anderen jedoch nicht. Dort folgt beispielsweise auf den Titel von Kapitel 3 sofort die Überschrift zu Kapitel 3.1, ohne Text dazwischen. Welche Variante ist besser?
Antwort: Tatsächlich wird der Umgang mit solchen Kapiteleinleitungen – auch „Intros“ genannt – sehr verschieden gehandhabt und teilweise ist es wohl auch eine Geschmackssache. Doch gibt es insbesondere bei umfangreichen Texten durchaus gute Gründe für Intros.
Funktion eines Intros
Vielleicht hat das 3. Kapitel Ihrer Dissertation vier Unterkapitel. Ohne Intro würden Sie dann direkt – oder anders gesagt: unvermittelt – mit Kap. 3.1 loslegen. Ein Intro hingegen schaltet sich als eine Art Scharnier und Wegweiser dazwischen. Denn ein Intro ermöglicht Ihnen sowohl zu erklären, wie sich das Kapitel 3 in das Ganze der Arbeit einordnet, als auch was im Folgenden in Kapitel 3 passiert, welcher inneren Logik die Unterkapitel folgen und was deren Teilziele sind. Auf diese Weise fördert ein Intro die Leseaufmerksamkeit, da die Lesenden den roten Faden sehen und sich im Text besser orientieren können.
Intros bei langen Texten
Mit dieser orientierenden Funktion eignen sich Intros vor allem für lange Texte. Bei einem kürzeren und daher leichter überschaubaren Fachartikel sind Intros hingegen eher nicht nötig.
Bei stark untergliederten Texten können Sie zusätzlich zu den Hauptkapiteln auch tiefere Gliederungsebenen mit einem kurzen Intro beginnen, also beispielsweise ein Intro zu Kapitel 3.1 schreiben, wenn dieses Kapitel wiederum in mehrere Unter-Unterkapitel gegliedert ist.
Wenn Sie Intros schreiben, dann schreiben Sie konsequent zu jedem Hauptkapitel eines. Ansonsten könnte es irritieren, so als ob Sie bei einem Kapitel das Intro schlicht vergessen hätten. Intros müssen aber nicht alle gleich lang sein. Schreiben Sie jeweils so viel, wie es für die Lesenden nützlich ist. Manchmal reicht schon eine Drittel Seite, manchmal sind zwei bis drei Seiten angemessen.
Nutzen für die Schreibenden
Nicht zuletzt ist das Verfassen eines Intros auch für die Schreibenden eine gute Übung, sich selbst noch einmal Inhalt, Funktion und Ziele eines Kapitels und seiner Unterkapitel zu vergegenwärtigen. Später bei der Textüberarbeitung können Sie es dazu nutzen zu überprüfen, ob das Kapitel auch einlöst, was das Intro ankündigt und verspricht. Nacheinander gelesen können die Intros zudem einen guten Überblick über Ihren Argumentationsstrang bieten.
Mit herzlichem Gruß aus dem [schreibzentrum.berlin]
Ihr
Dr. Sven Arnold