Frage: Meine Betreuerin liest meine Texte sehr genau, aber die Masse ihrer Kommentare und Korrekturen erschlägt mich. Wie soll ich damit umgehen?
Antwort: Sie sprechen hier ein zentrales Thema der Promotionsbetreuung an: Betreuende geben in vermeintlich guter Absicht ein Feedback; die Korrekturen und Änderungsvorschläge erleben Promovierende dann aber als große Verunsicherung.
Ich lade Sie ein, für sich zu überlegen, wie Sie in Zukunft bewusst mit Textfeedback umgehen wollen. Denn Sie können und dürfen es als Schreibende.r mitgestalten. Ich sehe folgende Möglichkeiten:
1. Geben Sie Feedback aufs Feedback.
In Ihrem Fall hat sich die Betreuerin viel Zeit genommen. Diesen Einsatz sollten Sie würdigen. Sie dürfen Ihrer Betreuerin aber auch Ihre Verunsicherung zurückmelden. Fragen Sie, ob sie Ihnen die „Masse an Kommentaren“ in drei Hauptbeobachtungen zusammenfasst. Damit können Sie den Text dann überarbeiten.
2. Regeln Sie Textfeedback.
Es ist sinnvoll, bereits vor der Abgabe des Textes das Feedback für sich zu regeln. Sagen Sie Ihrer Betreuerin – und allen anderen Feedbackgebenden -, welche Art und wie viel Feedback Sie konkret brauchen. Worauf genau soll sich das Feedback beziehen? Textlogik? Sprache? Rechtschreibung? Lassen Sie direkte Kommentare im Text zu? Oder genügt Ihnen ein zusammenfassendes Statement? Formulieren Sie für Ihre Lesenden genaue Feedback-Anweisungen. Damit erhöhen Sie die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Feedbackgebenden darauf fokussieren und nicht wahllos alles kommentieren.
3. Nutzen Sie das Peer Coaching.
Sorgen Sie frühzeitig für mehrere wohlwollende Leser.innen in Ihrem Umfeld. Meistens sind es Peers, aber auch Fachfremde können Sie mit motivierendem Textfeedback versorgen. Sie lernen, Feedback einzuordnen und als Teil des Schreibprozesses zu nutzen. So stärken Sie schrittweise Ihre fachliche Positionierung. Das ist wissenschaftliche Peer-Review im besten Sinne.
4. Entscheiden Sie, welches Feedback Sie annehmen wollen.
Nicht immer geben Betreuende hilfreiche Anmerkungen. Umgekehrt sind Sie nicht in der Pflicht, solcherart Feedback anzunehmen. Entscheiden Sie als Autor.in. Es ist Ihr Text.
Ich grüße Sie herzlich aus dem [schreibzentrum.berlin]
Ihre
Dr. Daniela Liebscher
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