Mündlich besser als schriftlich – trotzdem promovieren?

Frage: Ich bin seit Schulzeiten mündlich besser als schriftlich. Wie wird daraus jetzt eine Dissertation?

Antwort: Gratuliere: Sie waren schriftlich offensichtlich so gut, dass Sie promovieren können und wollen! Alles andere ist größtenteils Training und damit tatsächlich eine Frage des Lern- und Schreibtyps. Deswegen ist es absolut sinnvoll, wenn Sie sich damit befassen.

Den eigenen Schreibtyp kennen

Im Schreibcoaching unterscheiden wir zwei Grundtypen:

  • Die einen planen ihre Schreibvorhaben und strukturieren ihre Texte vor dem Schreiben („Strukturfolgende“) und
  • die anderen entwickeln drauflosschreibend ihre Ideen und die Grundstruktur ihrer Texte („Strukturschaffende“).

Zwischen diesen Polen gibt es alle möglichen Mischtypen. Für Ihren Schreibprozess ist es wichtig zu wissen, zu welchem Schreibtyp Sie sich zählen. Sie können dann Ihre Stärken gezielt ausbauen und Ihre Stolpersteine angehen.

Das Mündliche fürs Schreiben nutzen

Sind Sie außerdem ein auditiver Lernytp, der das Mündliche gerne wegen des „Hör-Kanals“ nutzt? Dann steigen Sie über das Mündliche auch ins Schreiben ein:

  • Zeichnen Sie Ihre mündlichen Beiträge auf oder verwenden Sie die automatische Diktierfunktion Ihres Textverarbeitungsprogramms für Textentwürfe.
  • Professionalisieren Sie den regelmäßigen Austausch mit Peers, um Fragestellung und Argumentation Ihrer Texte zu schärfen. Fassen Sie diese Diskussionen schriftlich zusammen.
  • Bereiten Sie Konferenzbeiträge vor und holen sich Feedback. Sie können Vortragsfolien auch als Formatvorlage nutzen, um mit dem Schreiben zu starten.
  • Nutzen Sie Textsorten für erste Veröffentlichungen, die auf dem Mündlichen beruhen: Reichen Sie ein Poster für eine Konferenz ein, schreiben Sie einen Konferenzbericht oder rezensieren Sie ein Buch für einen Wissenschafts-Podcast.

So machen Sie sich mit dem professionellen Schreiben vertraut und gewinnen Sicherheit.

Machen Sie das Überarbeiten zu einer Stärke

Alle Schreib- und Lerntypen müssen beim berufswissenschaftlichen Schreiben vor allem lernen, ihre Texte vielfach zu überarbeiten. Da Ihnen das als „mündlicher Typ“ schon bewusst ist, sind Sie gegenüber anderen Typen im Vorteil. Experimentieren Sie mit Überarbeitungsstrategien. Ihre Dissertation wächst mit Ihren Schreiberfahrungen.

Ich grüße herzlich aus dem [schreibzentrum.berlin]

Ihre
Dr. Daniela Liebscher

 

Mehr dazu:
Sven Arnold, Rosaria Chirico, Daniela Liebscher, Goldgräber oder Eichhörnchen – welcher Schreibertyp sind Sie?, in: Journal der Schreibberatung 4 (2012), 81-97.

Dank des Schreibzentrums der Goethe-Universität Frankfurt a.M. kann man unseren Berliner Schreibtypentest online machen und findet dazu die Typen in einem kleinen, schön gezeichneten Erklärfilm.

 

Daniela Liebscher