Frage: Bei uns herrscht Präsenzpflicht am Lehrstuhl, aber ich kann im Büro wegen der ganzen Störungen nicht an meiner Dissertation schreiben. Wie kann ich trotzdem die Bürozeit für meine Promotion sinnvoll nutzen?
Antwort: Diese Erfahrung betrifft immer mehr Promovierende. Denn an vielen Universitäten herrscht Raumnot: Da teilt man sich auf engem Raum ein Büro, und Störungen durch Kolleg.innen sind vorprogrammiert.
Ich finde es gut, dass Sie Ihre Arbeitsbedingungen achtsam mitgestalten wollen. Dafür sehe ich zwei Ansatzpunkte:
1. Was genau empfinden Sie als „Störung“?
Was andere als Abwechslung empfinden, kann für Sie eine Störung sein. Protokollieren Sie, wann und wie genau Sie sich gestört fühlen. So lässt sich gezielter eine Lösung finden:
- Stören Sie die Unterbrechungen im Tagesrhythmus durch Meetings, Kolloquien, Lehre und Sprechstunden?
- Sollen Sie zu einer Kernzeit an Ihrem Arbeitsplatz anwesend sein?
- Werden Sie mit promotionsfernen Aufgaben belastet?
- Oder sind es Kolleg.innen, die mit Redebedürfnissen oder Arbeitsaufträgen an Sie herantreten?
Grundsätzlich wird Ihre Arbeit an der Dissertation ständig von Unterbrechungen geprägt sein. Das ist zugleich eine gute Nachricht: Laut Schreibforschung ist es produktiver, wenn Sie auf Dauer kleinere Schreibzeiten regelmäßig einplanen.
2. Welche Rahmenbedingungen können Sie zu Ihren Gunsten beeinflussen?
Sie können Ihre geplanten Schreibzeiten aktiv schützen, indem Sie z.B.
- für sich – oder gemeinsam mit Kolleg.innen – feste „Diss“-Zeiten am Lehrstuhl durch ein Türschild, dicke Kopfhörer oder Absprachen nach außen kommunizieren. Ich kenne ein Institut, das so eine gemeinsame „stille Stunde“ in der Woche eingeführt hat.
- im Büro mit der Pomodoro-Technik arbeiten. Dabei konzentrieren Sie sich 25 Minuten lang auf eine einzige Aufgabe und machen dann eine 5-minütige Pause. Diese Einheit ist überschaubar. Sie lernen, sich zu fokussieren und Unterbrechungen nicht sofort nachzugeben.
- sich regelmäßige Schreibretreats als bewussten Ausgleich zum Schreiballtag gönnen.
- als wissenschaftlicher Nachwuchs Ihr Recht auf „Gute Arbeit in der Wissenschaft“ einfordern und sich dabei im Konfliktfall durch Gleichgesinnte, den Personalrat oder Supervision/Coaching Unterstützung holen.
Bleiben Sie achtsam.
Ich grüße Sie herzlich aus dem [schreibzentrum.berlin]
Ihre
Dr. Daniela Liebscher
Schreiben Sie uns: frage@schreibzentrum.berlin