Frage: Es dauert so lange, bis ich eine Seite für meine Doktorarbeit geschrieben habe, mit der ich zufrieden bin. Wie kann ich schneller schreiben?
Antwort: Diese Frage stellen Promovierende oft, wenn sie die Erfahrung machen, ihre Texte nicht mehr eventuell wie andere Texte zuvor „runterschreiben“ zu können. Tatsächlich müssen sie im Sinne ihrer Promotionsordnung mit der Dissertation – sowohl die kumulative als auch die monografische – eine neuartige und komplexere Schreibaufgabe bewältigen als bei vorherigen Arbeiten im Studium. Kaum ein.e Promovierende.r bringt diese Erfahrung mit, wenn er oder sie startet.
Anspruchsvolle Texte brauchen Denk- und Schreibzeit
Die Idee des „schnellen Schreibens“ beruht oft auf einem Missverständnis von Lesenden: Einem veröffentlichten Text, den man in wenigen Stunden liest, sieht man leider nicht an, wie lange an ihm tatsächlich geschrieben wurde. Etliche Promovierende, die viel Fachliteratur lesen, vergessen das gerne und gehen davon aus, dass die Autor.innen „in einem Rutsch“ so gut geschrieben hätten.
Doch egal, ob Fachtext, Ratgeber oder Literatur: Wer ein Buch verfassen will, beschäftigt sich mit seinem Projekt denkend und schreibend über Monate oder gar Jahre hinweg. Auch erfahrene Schreibende schreiben nicht „schnell“, sondern brauchen Geduld, bis sie ihren Text zur Veröffentlichungsreife gebracht haben.
Schreiben ist vor allem Überarbeiten
Erfahrene Schreibende wissen nämlich, dass sie ihre Textentwürfe in vielen Durchläufen bearbeiten müssen. Dabei holen sie sich auch immer wieder von wohlwollenden und kompetenten Leser.innen ein Feedback: Sind meine Gedanken nachvollziehbar? Ist mein Text verständlich? Vor einer wissenschaftlichen oder literarischen Veröffentlichung schauen im besten Fall dann auch noch einmal Fachgutacher.innen, Lektor.innen, Agent.innen und Verlage über das Manuskript und machen Überarbeitungsvorschläge.
Nach der 80-20-Regel des Pareto-Prinzips entsteht ein Text zu 20% durchs Schreiben und zu 80% durch Überarbeitung. Auch Sie dürfen gerne eine „schnelle“ Entwurfsfassung schreiben! Dann aber geben Sie sich ausreichend Zeit fürs Überarbeiten: erst inhaltlich, dann stilistisch und dann die Endkorrektur. Mit jeder Überarbeitungsrunde wächst Ihre Chance, einen guten Text zu verfassen, mit dem Sie tatsächlich zufrieden sind.
Es grüßt sie herzlich aus dem [schreibzentrum.berlin]
Ihre
Dr. Daniela Liebscher
P.S. Sie können Ihr Schreiben regelmäßig bei unserem kostenlosen „Schreib-Freitag für Promovierende“ – einem One-Day-Retreat – bewusst entschleunigen.