Frage: Ich schreibe für verschiedene Unternehmen PR-Texte. Bislang nutze ich dafür eine neutrale Form ohne direkte Ansprache der Leserinnen und Leser. Das klingt oft aber ein bisschen langweilig. Ist es erlaubt, in PR-Texten „du“ oder „wir“ zu schreiben?
Antwort: Tatsächlich kommt die direkte Ansprach in PR-Texten vielen ungewohnt vor, vor allem den Kunden selbst. Denn oft wollen die Auftraggeber ihre Werbebotschaft als vermeintlich informative Nachricht vermittelt sehen. Und die soll ja bekanntlich objektiv klingen.
Aber der PR-Bereich hat sich nicht zuletzt durch die sozialen Medien sehr verändert. Und gerade dort ist die direkte Ansprache über das „Du“ oder „Sie“ geradezu Pflicht, um den Endkund.innen auf Facebook, Twitter oder Instagram zumindest in der Tonalität der Anrede auf Augenhöhe zu begegnen.
Aber auch wenn Sie für ein Unternehmen texten, das seine Zielgruppe zu Interaktionen bewegen will, empfehle ich die direkte Ansprache und zugleich, etwas von Ihrem Kunden in der „wir“-Form zu erzählen. Das kann Inhalte und Botschaften authentisch machen. Und Leser.innen erinnern sich leichter an solche Inhalte.
Mit „Ich“ und „Wir“ den Text auffrischen
Diesen Ansatz können Sie nutzen, wenn Sie für Ihren Kunden zum Beispiel einen Fachartikel in seinem Namen verfassen sollen. Lassen Sie Ihren Auftraggeber selbst bei komplexen Inhalten in kurzen Passagen aus seiner Erfahrung erzählen. Warum kann der CEO eines IT-Startups nicht davon berichten, dass „ich schon als Jugendlicher viel zu lange vor dem Computer saß“. Oder „dass wir unsere IT-Nerds einmal im Jahr zum Wandern einladen – damit sie mal raukommen“. Davor und danach können Sie viele Fachbegriffe einbringen. Aber selbst Expert.innen, die in dem Thema stecken, werden solche Sätze als erfrischend erleben.
Mit „Ich“ und „Wir“ in die Pressearbeit
Die persönliche Erzählperspektive können Sie auch in Pressemitteilungen nutzen, vor allem in Zitaten. Darin kann die sprechende Person wunderbar von sich erzählen. Ein Beispiel: „Seit Jahren fordern wir, Gesetz xx zu überarbeiten. Bislang ist nichts geschehen. Der anhaltend rechtsfreie Raum macht unserer gesamten Branche zu schaffen. Ich weiß von Firmen, die mittlerweile vor dem Ruin stehen. Das ist schrecklich.“
Die Aussage vermittelt: Der Vorstand berichtet nicht kraft seiner Funktion, sondern weil er wirklich entrüstet ist: Er weiß, wie es um die Unternehmen steht, ihn berührt das Schicksal seiner Branche – und dadurch wirkt er glaubwürdig.
Geschichten dringend gesucht
Und noch ein Grund für persönliche Tonalität in Pressetexten: Medien suchen gute Geschichten. Diese finden sie meist in der Vita von Personen, kaum in reinen Sachverhalten. In dem Sie in einer Pressemitteilung für Ihren Kunden dessen Engagement oder seine Betroffenheit hervorheben, eröffnen Sie den Journalist.innen die Chance, eine Story zu entdecken. Vielleicht hakt eine Reporterin bei Ihrem Kunden nach. Das wäre auch für Sie ein toller Erfolg.
Es grüßt Sie herzlich aus dem [schreibzentrum.berlin]
Christina Denz
Wie Sie eine geeignete Ansprache für verschiedene Zielgruppen entwickeln und wie Sie die richtige Tonalität finden, lernen Sie in meiner Schreibwerkstatt „Texten für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“